Jahresbericht des Bundeskartellamts 2025: Wettbewerbsaufsicht in Zeiten struktureller Herausforderungen
Der Jahresbericht des Bundeskartellamts 2024/25 zeigt deutlich, wie die Behörde auf strukturelle Marktveränderungen reagiert, neue gesetzliche Instrumente nutzt und insbesondere die digitale Wirtschaft verstärkt in den Blick nimmt. In einem wirtschaftlich angespannten Umfeld bleibt der Schutz des Wettbewerbs zentrales Element einer funktionierenden sozialen Marktwirtschaft.
Schwerpunkte des Jahres: Kartellverfolgung und Digitalmärkte
Inhaltsverzeichnis
Ein zentrales Thema im Jahresbericht des Bundeskartellamts 2025 ist die konsequente Verfolgung von Kartellverstößen. Das Amt verhängte im Berichtszeitraum Bußgelder in Höhe von rund 26 Millionen Euro, unter anderem gegen Unternehmen aus der Bauwirtschaft, der Telekommunikation sowie dem Bereich Schutzbekleidung. Dabei standen insbesondere horizontale Absprachen bei öffentlichen Ausschreibungen sowie vertikale Preisbindungen im Fokus. In mehreren Fällen konnten einvernehmliche Verfahrensbeendigungen (sog. Settlements) erreicht werden, was die Effizienz der Verfahren deutlich erhöhte. Besonders hervorzuheben ist die Zunahme an Kronzeugenanträgen: 17 Unternehmen nutzten die Möglichkeit, durch Kooperation mit der Behörde eine Strafmilderung zu erwirken. Dies zeigt, dass die Kartellverfolgung nicht nur abschreckend wirkt, sondern auch ein effektives Instrument zur Aufklärung bleibt.
Parallel dazu intensivierte das Bundeskartellamt seine Aktivitäten im Bereich der Digitalwirtschaft. Große Technologieunternehmen wie Alphabet, Amazon, Apple, Meta und Microsoft wurden nach § 19a GWB als Unternehmen mit überragender Bedeutung für den Wettbewerb eingestuft – inzwischen rechtskräftig. Diese Einstufung erlaubt es dem Amt, frühzeitiger und gezielter gegen wettbewerbsbeschränkende Praktiken vorzugehen. So wurden etwa im Fall Google Verbesserungen bei den Automotive Services und der Maps Platform durchgesetzt, die Wettbewerbern neue Marktchancen eröffnen. Auch bei Amazon und Apple bestätigte der Bundesgerichtshof die Eingriffe der Behörde. Neben Einzelfallentscheidungen arbeitet das Amt mit der Europäischen Kommission und internationalen Partnern daran, einheitliche Standards zur Regulierung digitaler Märkte zu etablieren.
Ein weiterer Fortschritt liegt in der zunehmenden Nutzung digitaler Analysemethoden. Das Bundeskartellamt setzt verstärkt auf softwaregestütztes Markt-Screening, Monitoring-Systeme und anonyme Hinweisgebersysteme. Diese Tools ermöglichen eine frühzeitige Identifikation verdächtiger Marktverhaltensweisen. Künftig sollen auch KI-gestützte Verfahren in die Ermittlungspraxis integriert werden, um komplexe Datenmuster effizienter auszuwerten. Damit passt sich das Amt den Anforderungen dynamischer Märkte an und stärkt seine digitale Resilienz im Bereich der Marktaufsicht.
Fusionskontrolle und neue Eingriffsbefugnisse
Der Jahresbericht des Bundeskartellamts zeigt, dass 2024 insgesamt 870 Zusammenschlussvorhaben geprüft wurden. In acht Fällen wurde eine vertiefte Prüfung eingeleitet, ein Zusammenschluss untersagt. Von zentraler Bedeutung war erstmals der Einsatz der neuen Eingriffsbefugnis nach § 32f GWB, die mit der 11. GWB-Novelle geschaffen wurde. Diese erlaubt Abhilfemaßnahmen auch ohne festgestellten Rechtsverstoß, wenn strukturelle Wettbewerbsstörungen vorliegen. Konkret wurde ein Verfahren gegen strukturelle Probleme im Kraftstoffgroßhandel eingeleitet.
Marktüberwachung in klassischen Sektoren
Der Jahresbericht des Bundeskartellamts 2025 zeigt, dass das Amt auch in regulierten Märkten aktiv blieb. Im Fernwärmesektor wurden Preisstrukturen und mögliche missbräuchliche Klauseln untersucht. Die Markttransparenzstellen für Strom, Gas und Kraftstoffe analysierten Preisspitzen in angespannten Versorgungssituationen. Empfehlungen zur fairen Ausgestaltung der E-Ladeinfrastruktur sollen den Marktzugang verbessern und Preiswettbewerb stärken.
Im Lebensmittelsektor laufen Verfahren gegen große Marken und Handelsketten, darunter Coca-Cola und EDEKA, wegen möglicher Verstöße im Zusammenhang mit Rabattmodellen und dem Payback-System.
Wettbewerbsregister und Vergabekontrolle
Im Wettbewerbsregister wurden 2024 über 8.200 neue Eintragungen vorgenommen, täglich erfolgen rund 1.100 Abfragen durch öffentliche Auftraggeber. Dieses Instrument ist zentral für die Korruptionsprävention im Vergabewesen. Gleichzeitig wurden 124 Nachprüfungsverfahren bei den Vergabekammern durchgeführt – eine Zahl, die angesichts der geplanten Reformen des Vergaberechts künftig effizienter bewältigt werden soll.
Hinweisgeberschutz und Schadensersatz
Seit Einführung des Hinweisgeberschutzgesetzes im Jahr 2023 fungiert das Bundeskartellamt als externe Meldestelle für kartellrechtliche Verstöße. Die Zahl der Meldungen stieg 2024 auf 491 – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Zusätzlich bleibt die private Durchsetzung über Schadensersatzklagen ein wichtiger Bestandteil der Kartellverfolgung, wie etwa das Beispiel des Lkw-Kartells zeigt.
Internationale Vernetzung als Erfolgsfaktor
Der Jahresbericht des Bundeskartellamts betont die Bedeutung der internationalen Kooperation. Über die Netzwerke ECN, OECD, UNCTAD und ICN pflegt die Behörde den Austausch mit anderen Wettbewerbsbehörden. Deutschland trat 2025 beim G7-Wettbewerbsgipfel für ein gemeinsames Vorgehen bei KI-getriebenen Marktstrukturen ein. Auch auf europäischer Ebene arbeitet das Amt eng mit der Kommission an der Durchsetzung des Digital Markets Act.
Ausbau der Instrumente, wachsende Verantwortung
Der Jahresbericht des Bundeskartellamts 2024/25 dokumentiert nicht nur eine hohe Fallaktivität, sondern auch die gestiegene Komplexität des Wettbewerbsrechts. Neue Instrumente wie § 32f GWB und die verstärkte Aufsicht über Digitalkonzerne erweitern den Handlungsspielraum. Gleichzeitig bleibt die enge Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Akteuren essenziell für die Wirksamkeit der Wettbewerbsaufsicht.