Preiskampf zwischen Shopee und MercadoLibre in Südamerika

Der Preiskampf zwischen Shopee und MercadoLibre in Südamerika spitzt sich zu. Sea Limiteds E-Commerce-Plattform Shopee hat zuletzt mit starken Wachstumszahlen überzeugt, während Konkurrent MercadoLibre mit drastischen Rabatten und aggressivem Marketing dagegenhält – besonders im hart umkämpften Niedrigpreissegment Brasiliens.

Der E-Commerce-Markt in Südamerika wächst rasant und entwickelt sich zunehmend zu einem der dynamischsten Wirtschaftsräume der Welt. Getrieben von einer jungen, digital affinen Bevölkerung, einer steigenden Smartphone-Nutzung und dem Ausbau logistischer Infrastrukturen verlagern sich Konsumgewohnheiten zunehmend ins Internet. Länder wie Brasilien, Mexiko, Argentinien und Kolumbien stehen im Zentrum dieser Entwicklung. Lokale und internationale Anbieter liefern sich einen intensiven Wettbewerb um Marktanteile – besonders in preissensiblen Kundensegmenten. Dabei spielen nicht nur Sortiment und Nutzerfreundlichkeit eine Rolle, sondern vor allem Preisgestaltung, Zahlungsoptionen und Liefergeschwindigkeit. In diesem Umfeld stoßen globale Plattformen wie Shopee auf etablierte Größen wie MercadoLibre – mit Folgen für Konsumenten, Händler und Investoren gleichermaßen.

MercadoLibre verschärft den Preiskampf

In den vergangenen Monaten hat MercadoLibre den Wettbewerb deutlich angeheizt. Seit Ende Mai senkte das Unternehmen die Versandkosten für Verkäufer in Brasilien um bis zu 40%, und im Juni wurde die Schwelle für kostenlosen Versand radikal von 79 auf nur 19 Brasilianische Real (BRL) herabgesetzt. Nahezu jeder Einkauf in Brasilien ist damit nun versandkostenfrei, was vor allem preisbewusste Kunden anspricht. Zusätzlich hat MercadoLibre sein Marketingbudget in Schlüsselmärkten wie Brasilien, Mexiko und Argentinien Medienberichten zufolge um rund 47% erhöht, um seine Marktpräsenz zu stärken.

Diese Offensive zeigt Wirkung: In Brasilien schnellten die Verkaufszahlen im Juni um etwa 34% in die Höhe. Analysten von Itaú BBA führen den Erfolg direkt auf diese Preissenkungen zurück, da sie gezielt jenes Preissegment adressieren, in dem Shopee zuletzt an Zugkraft gewonnen hat.

Allerdings geht das Wachstum nicht ohne Einbußen einher. Der Vorstoß im Niedrigpreissegment belastet die Profitabilität: MercadoLibres Nettoertrag im zweiten Quartal 2025 sank um rund 1,5% gegenüber dem Vorjahr auf 523 Mio. US-Dollar. Das Unternehmen verfehlte damit die Gewinnerwartungen der Analysten deutlich. Wie Finanzchef Martín de los Santos erklärte, führten vor allem die Ausweitung des Gratis-Versands und die intensivierten Marketingmaßnahmen zu einem spürbaren Rückgang der Margen. So lag die operative Marge (EBIT) im Quartal nur noch bei 12,2% nach 14,3% im Vorjahr. Dennoch betont das Management, man wolle die Wachstumschancen nicht verpassen – selbst wenn dies kurzfristig auf die Rendite drückt.

Shopee meldet starkes Wachstum

Auch Sea Limited kann Erfolge vorweisen. Das Unternehmen aus Singapur, zu dem Shopee gehört, steigerte seinen Umsatz im ersten Quartal 2025 um 29,6% auf 4,8 Milliarden US-Dollar. Shopee selbst schrieb erstmals schwarze Zahlen: Rund 264 Millionen US-Dollar operativer Gewinn standen im Quartal zu Buche, nachdem im Vorjahr noch ein Verlust verzeichnet worden war. Zugleich wuchs das von Shopee abgewickelte Bruttowarenvolumen (Gross Merchandise Volume, GMV) um 21,5% auf 28,6 Mrd. US-Dollar. Dieser Sprung unterstreicht Shopees anhaltendes Wachstumstempo.

Vor allem in Brasilien hat sich das Unternehmen in kürzester Zeit einen Namen gemacht. Durch aggressive Preisstrategien und spielerische App-Features konnte die Plattform einen erheblichen Kundenstamm aufbauen. Inzwischen hält Shopee rund 8% des brasilianischen E-Commerce-Markts, während MercadoLibre etwa 13% auf sich vereint. Das durchschnittliche Bestellvolumen bei Shopee liegt mit ca. 7 US-Dollar deutlich unter dem von MercadoLibre (rund 21 US-Dollar) – ein Hinweis darauf, dass Shopee vor allem das Schnäppchensegment dominiert. Sea Limiteds Management sieht darin jedoch eine langfristige Chance und betont, dass das Unternehmen trotz des harten Wettbewerbs sowohl in Asien als auch in Brasilien profitabler geworden ist.

Die nächste Bewährungsprobe steht bereits bevor. Am 12. August wird Sea Limited die Zahlen für das zweite Quartal 2025 vorlegen. Dann wird sich zeigen, ob Shopee seine Gewinnmargen trotz MercadoLibres Preisdruck halten kann. Die Branche blickt gespannt auf die Frage, wie stark sich der Preiskampf in Südamerika auf die weitere Entwicklung auswirken wird.

Analysten uneins beim Ausblick

Unter Marktbeobachtern herrscht Uneinigkeit über die weiteren Aussichten. Viele Analysten bleiben zwar vorsichtig optimistisch für Sea Limited – das durchschnittliche Rating liegt bei „Moderate Buy“ –, doch nehmen skeptische Stimmen zu. Einige institutionelle Investoren wie etwa iA Global Asset Management haben ihre Sea-Positionen kürzlich sogar ausgebaut, während andere Experten zur Vorsicht mahnen. So hat das US-Portal Wall Street Zen die Sea-Aktie jüngst von „Kaufen“ auf „Halten“ abgestuft. Einigkeit besteht darin, dass Shopees Entwicklung in Südamerika ein Schlüsselfaktor für den weiteren Erfolg von Sea Limited ist – umso mehr, da MercadoLibre entschlossen scheint, seinen Spitzenplatz im Onlinehandel nicht kampflos zu räumen.

Es steht viel auf dem Spiel. Kann Sea Limited die Wachstumsstory von Shopee in Südamerika fortschreiben, oder wird der eskalierende Preiskampf die hart erkämpfte Profitabilität wieder aufzehren? Die kommenden Monate dürften hier eine entscheidende Richtung vorgeben.

Faktenbox